Turmgedanken

Am 11. September 2001 wurden die Türme des World-Trade-Centers durch Terroristen angegriffen – sie wurden zu einem erschreckenden Symbol für einen geplanten Massenmord am Anfang unseres Jahrhunderts.
Auf der Suche nach Werten, die heute noch tragen können, habe ich deshalb das Bild eines anderen Turms hier als Titelbild platziert:
AR-MEN – der Leuchtturm im Meer vor der Ile de Sein in der Bretagne, der vielen Schiffen geholfen hat, den Kurs zu finden und dem Untergang zu entrinnen. 

Ein Leuchtturm bedeutet nicht unbedingt eine Idylle. Menschen, die in dem Turm AR-MEN gearbeitet haben, nennen ihn: Hölle der Höllen. Der Turm liegt so weit draußen im Atlantik, dass es 14 Jahre gedauert hat, ihn zu bauen. Er wurde auf einem halb unter Wasser liegenden Granitfelsen errichtet, und in den ersten zwei Jahren Bauzeit konnten die Arbeiter überhaupt nur 23 Mal am Felsen anlanden und jeweils bloß eine Stunde arbeiten. 1867 war er endlich fertig, wobei das „Endlich“ relativ ist. Wer dort nämlich als Wächter beschäftigt war, konnte depressiv werden. Die Besatzung musste mitunter wochenlang auf ihre Ablösung warten. Das Meer war einfach zu wild.

Einer seiner Wärter Anfang der 60er-Jahre ist der Ich-Erzähler von Jean-Pierre Abrahams gleichnamigen Roman. Für ihn wird „Ar-Men“ zum Zentrum seiner Sehnsucht nach Erkenntnis. Ihm erscheint der mythische Leuchtturm als Meeres-Kathedrale, die eher dem Himmel als der Erde anzugehören scheint. 

„Fährt man mit dem Schiff heran, sieht man in der unendlichen Weite mitunter rein gar nichts. Das geschulte Auge erkennt an seiner Stelle vielleicht eine Spiegelung, eine blasse Erscheinung, die jedoch eher in der Vorstellung existiert. Man muss noch näher zufahren, möglicherweise in eine andere Luftlandschaft vorstoßen. Wenn er dann unerwartet seine ganze Höhe offenbart, scheint er gleichsam aus dem Himmel hervorzutauchen.“

Ich habe diesen Leuchtturm in diesem Sommer mit einem Motorboot besucht und er beschäftigt mich bis heute. Der Bootsführer erzählte, dass man drei Art von Leuchttürmen nach ihren Standorten unterscheide: Leuchtürme der Hölle (auf dem Wasser), Leuchttürme des Lebens (auf den Inseln) und Leuchttürme des Himmels (auf dem Festland).

Was für ein Leuchtturm wäre eigentlich die Kirche? Was meinst Du? Ein Leuchtturm der Hölle? Ein Leuchtturm des Lebens? Ein Leuchturm des Himmels?

Die Kirche sollte doch ein Leuchtturm sein, der auf Gott verweist als Glaube, Liebe und Hoffnung als auch ein Leuchtturm des kommenden Himmels in Gerechtigkeit und Frieden zur Vollendung der guten Schöpfung auf Erden … oder?

Unterwegs zu neuen Ufern braucht es Ideen, wie eine Kirche der Zukunft aussehen kann, die Bedeutung hat für das Zusammenleben der Menschen und den Weg zu Gott und zueinander weist. Wie könnte sie aussehen?